28. Juni 2020 | Bernhard Madlener
How to Podcast, Pt. 2: Schulen-Streit & Plattform-Wirtschaft
Wie in vielen anderen Bereichen wird auch in Zusammenhang mit Podcasts debattiert, was „richtig“ bzw. „echt“ ist. Was sein „darf“ und was nicht. Purist*innen mögen feststellen, dass die Audio-Files eines Podcasts idealer Weise von den Betreiber*innen selbst (auf einem angemieteten Webserver) gehostet werden. Die Verteilung erfolgt allein über den auf dieser Basis erstellten RSS-Feed. Und die Hörer*innen nutzen möglichst eine freie (= nicht kommerzielle) Podcatcher-Software am Computer oder Smartphone, um dem Podcast zu folgen und die Inhalte zu konsumieren. Im Umkehrschluss sind große Plattformen wie etwa Spotify, die „auch“ Podcast-Feeds bereitstellen, aber dies nur als willkommenen Umweg für die Akquise zahlender Kund*innen für eigene Inhalte betrachten, verpönt.
Wer etwas auf sich hält, stellt seinen Feed also nicht bei Spotify & Co. rein? Als Argument für diese Entscheidung wird mitunter angeführt, dass die großen Plattformen z.B. Kapitelmarken nicht übernehmen. Oder dass Spotify-User nicht von den Web-Servern der Podcaster*innen streamen, sondern die Audio-Dateien von Spotify auf eigene Server kopiert werden. Und wo bleibt denn da die Kontrolle über das eigene Werk…?
Sind Spotify & Co. „böse“?
Auf der anderen Seite stehen (vielleicht weniger Technik-affine) Menschen, die mitunter schon ihre halbe Jugend auf Spotify verbracht haben. Die CDs nur von ihren Eltern und Großeltern kennen, und die nur von Wikipedia erfahren haben, dass Vinyl schon mal richtig, richtig out war. Sowohl als Hörer*innen wie auch als Podcaster*innen hat diese Generation absolut keine Berührungsängste mit der so genannten „Plattform-Wirtschaft“, die Ebay, Amazon oder auch Uber groß gemacht hat, und die Händler*innen oder auch Taxi-Fahrer*innen eine neue Lebensgrundlage bietet. Die Prinzipien der Plattform-Wirtschaft werden nun eben auch für das „Kulturgut Podcast“ wirksam: Man nutzt die bestehende und stark wachsende Reichweite eines Industriepartners, um selbst ebenfalls weitaus rascher wachsen zu können, als dies allein möglich wäre.
Im Gegenzug nascht dieser Partner natürlich irgendwann auch am individuellen Erfolg mit. Das ist zugleich eine Befürchtung mancher Pionier*innen: Dass Spotify & Co. eines Tages (ungefragt) Werbeeinschaltungen in die eigenen Werke einspeist und damit Geld macht. Und zwar viel mehr Geld, als es für die Podcast-Produzent*innen selbst möglich ist.
Nun wäre es naiv, nicht ein Auge auf eben diese Entwicklung zu haben. Genau damit wird sich die Berichterstattung der Podcastwelt in Zukunft aufend beschäftigen! Aus der Perspektive des/r Podcaster*in ist es dennoch verlockend, zumindest eine potentiell in die (zehn- bis hundert-) tausende gehende Zielgruppe an Hörer*innen direkt vom Start weg zu haben. Denn für viele ist genau das die Währung, die sie brauchen: Interessierte Menschen, die idealer Weise auch Feedback zum Podcast geben.
Wie steht unsere Leser*innenschaft zu diesem „Schulen-Streit“? Die Redaktion freut sich über jede Nachricht.
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